Název: "Antibyrokratická" revoluce v Srbsku v letech 1988-1989
Variantní název:
- Die "antibürokratische" Revolution in Serbien in den Jahren 1988-1989
Zdrojový dokument: Sborník prací Filozofické fakulty brněnské univerzity. C, Řada historická. 2005, roč. 54, č. C52, s. [191]-225
Rozsah
[191]-225
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ISSN0231-7710
Trvalý odkaz (handle): https://hdl.handle.net/11222.digilib/102595
Type: Článek
Jazyk
Jazyk shrnutí
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Abstrakt(y)
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem Zeitraum 1988-1989, in dem sich Slobodan Milošević an der Spitze der neuen Führung der serbischen Kommunisten - hervorgegangen aus der VIII. Tagung des Zentralkomitees des Bundes der Kommunisten Serbiens im Oktober 1987 - um die Durchsetzung einer Verfassungsänderung bemühte, auf die die serbische Führung bereits seit Annahme der neuen jugoslawischen Verfassung im Jahre 1974 hingewirkt hatte. Diese Novellierungen sollten insbesondere auf eine Einschränkung der Rechte der serbischen autonomen Gebiete Woiwodina und Kosovo hinauslaufen, die - als Bausteine der jugoslawischen Föderation - im Grunde genommen über die gleichen Rechtsgewalten verfugten, wie die einzelnen jugoslawischen Teilrepubliken, und sie sollten sich somit bemühen, mit den jugoslawischen Föderalorganen eigenständig zu verhandeln, und sie agierten so häufig gegen die Interessen des "engeren" Serbien, wie sich Serbien ohne die autonomen Gebiete begriff. Dieses Bemühen, bei dem sich Milošević auf die aktivierten Massen stützte, die sich auf sog. Meetings der Wahrheit versammelten, deren Antreiber die serbischen Aktivisten aus dem Kosovo waren, bezeichnete deren Protagonist selbst als antibürokratische Revolution. Der Autor analysiert die Ereignisse, in deren Verlauf es Milošević gelang, die politische Führung der Woiwodina-Autonomie zu eliminieren und schließlich auszutauschen, was in die Geschichte als sog. Jogurt-Revolution einging; zugleich wird der politische Hintergrund der Ereignisse beleuchtet, die zur Auswechslung der Kader in Montenegro führten, an deren Spitze im Verlaufe der Demonstrationen im Januar 1989 eine Gruppe junger Politiker mit dem späteren Protege Miloševićs, Momir Bulatović, kam. In Montenegro formierte sich die Pro-Milošević-Front zwar erst nach dem innenpolitischen Umsturz, die Folgen der "antibürokratischen Revolution" in der Woiwodina und in Montenegro waren jedoch - ohne Rücksicht auf die zeitliche Dauer - die gleichen. Die montenegrinische Episode der antibürokratischen Revolution rief darüber hinaus auch auf föderaler Ebene Erschütterungen hervor, da sie klar und deutlich die Ambitionen der serbischen Führung gegenüber den anderen jugoslawischen Teilrepubliken deutlich werden ließen. Spannungen zeigten sich insbesondere in den bis zu dieser Zeit (auch historisch) problemlosen Beziehungen Belgrad-Ljubljana und eskalierten an der Jahreswende 1988/1989, als sich die slowenische Führung sowie die Dissidenten, d. h. die intellektuelle Elite des Landes, offen auf die Seite der albanischen Demonstranten stellten. Die Studie untersucht des weiteren die Bemühungen des serbischen Establishments hinsichtlich der Einschränkungen der Autonomie im Kosovo, die nicht ohne dramatische Exzesse in Gestalt eines Okkupationsstreiks der Bergleute in den Gruben in Trepić und Kosovska Mitrovica abliefen und in eine Blutwoche vom 23.-28.3.1989 mundeten, in deren Verlauf bei Demonstrationen gegen die Beschrankung der Kosovo-Autonomie - die das Parlament im Kosovo (das sich mit dieser Entscheidung selbst aufloste) durch eine merkwürdige und bis heute ungeklärte Entscheidung verkündete - nahezu drei Dutzend Menschen ums Leben kamen. Im Falle der Ereignisse im Kosovo geht der Autor streng chronologisch vor, analysiert die Auffassungen und Taten der einzelnen politischen Akteure und analysiert dabei auch die Handlungen der Politiker auf föderaler Ebene Jugoslawiens, die sich vergeblich bemühten, die Ereignisse zu verhindern und damit faktisch bestätigten, dass die jugoslawische Regierung und die Führung der Kommunistischen Partei des Landes bereits ihren Einfluss auf den Gang der Ereignisse verloren hatten. Am 28. März 1989 verabschiedeten die Mitglieder des serbischen Parlaments Zusatze zur Verfassung, die die Rechtsgewalt der autonomen Gebiete beschrankten. Dieses Datum bezeichnet der Autor auch als Zeitpunkt des Sieges von Miloševićs antibürokratischer Revolution. Milošević stieg zum mächtigsten Mann auf der politischen Buhne Jugoslawiens auf, der in den föderalen Organen mit vier von acht Stimmen disponierte und darüber hinaus seine Macht nicht allein auf die Kommunistische Partei und deren Gunst begründete und von ihr ableitete (wenngleich er weiterhin als überzeugter orthodoxer Kommunist auftrat), sondern diese Macht direkt auf die Unterstutzung des Volkes - der serbischen Nation - zurückführte, das er auf die Straßen brachte. Es stellte sich selbstverständlich die Frage, wie die autonomen Gebiete ihre Repräsentanten im jugoslawischen Präsidium zur Geltung bringen sollten, wenn sich deren Position nach der Novellierung ihrer verfassungsmäßigen Stellung innerhalb der Föderation völlig verändert hatte. Milošević wollte sich freilich mit dieser Frage nicht befassen und niemand aus der jugoslawischen Führung stellte sie ihm. Abschließend konstatiert der Autor der Studie, dass sich Belgrad die Kontrolle über die Institutionen im Kosovo sicherte, doch erwies sich dies als Pyrrhussieg. Bereits im darauf folgenden Jahr blieb das Kosovo ohne Parlament sowie zahlreiche weitere Organe und der Frieden konnte lediglich dank polizeilicher Repressionen aufrecht erhalten werden, die Serbien ökonomisch erschöpften und auf internationaler Ebene diskreditieren sollten sowie schließlich zum Eingreifen der NATO-Luftwaffe und dem faktischen Verlust des Kosovo führten.